Forschung am Großgleitlagerprüfstand

Gleitlagerforschung wird am Lehrstuhl für Produktentwicklung (LPE) seit der Gründung des Lehrstuhls im Jahr 1969 (Prof. Seifert) betrieben. Speziell seit der Fertigstellung des großen Gleitlagerprüfstands im Jahr 1985 finden kontinuierlich experimentelle und begleitende theoretische Untersuchungen an Radialgleitlagern, Gleitringdichtungen sowie Spalt- und Bürstendichtungssystemen im Rahmen von Dissertationen, Forschungs- und Industrieprojekten statt.




Aufgrund vielfältiger Anforderungen und der hohen Komplexität des Systems Gleitlager verfolgt der LPE einen ganzheitlichen Ansatz in der Gleitlagerforschung. Die Entwicklung von rechnerbasierten Werkzeugen in Form von Modellen und Berechnungsprogrammen bildet die theoretische Grundlage zur Auslegung von Gleitlagern und das Abbilden verschiedenster Phänomene. Auf Basis von Simulation und Berechnung werden für spezifische Anwendungsfälle Lösungen deduziert und neue Lagertechnologien entwickelt. Die Modelle und die daraus abgeleiteten Lösungsansätze werden im Rahmen von experimentellen Untersuchungen an einem Prüfstand validiert. Die gewonnenen Erkenntnisse aus den empirischen Untersuchungen dienen im Sinne des wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses zur Verbesserung bestehender und Synthese neuer Modelle.






Theoretische Untersuchungen / Modellbildung

Der LPE verfügt über eine breite Methodenkompetenz in der Modellierung, Simulation und Berechnung hydrodynamischer Gleitlager. Im Rahmen kontinuierlicher Forschungsarbeiten sind verschiedene Software-Werkzeuge zur Analyse und Auslegung entstanden.

Eine eigenentwickelte Simulationsschnittstelle ermöglicht die thermo-elasto-hydrodynamische (TEHD) Berechnung von Radialgleitlagern. Dazu koppelt die in Matlab programmierte Schnittstelle ein Gleitlagerberechnungsprogramm mit einer Strukturmechanik-Software. Das vom Institut für Tribologie und Energiewandlungsmaschinen (ITR) an der TU Clausthal entwickelte COMBROS R wird dabei als Gleitlagerberechnungsprogramm genutzt, während das Finite-Elemente-Tool CalculiX für die strukturmechanische Analyse zum Einsatz kommt. Mit der gekoppelten Simulationsumgebung können sowohl Kipp- als auch Festsegmentlager berechnet werden.



Darüber hinaus ist am Lehrstuhl ein eigenständiges Berechnungsprogramm auf Basis der Finiten-Volumen-Methode speziell für große Radialkippsegmentlager entwickelt worden. Das in Fortran geschriebene Rechenwerkzeug wird zur TEHD-Analyse einzelner Kippsegmente und grundlegenden Erforschung neuer Lagertechnologien eingesetzt.

Experimentelle Untersuchungen

Bei der experimentellen Untersuchung von Radialgleitlagern blickt der LPE auf eine langjährige Erfahrung zurück. Zur Versuchsdurchführung steht dem Lehrstuhl ein Gleitlagerprüfstand mit einem Wellendurchmesser von 500 mm zur Verfügung. Der in den 1980er Jahren errichtete Prüfstand ermöglicht mit seiner einzigartigen Ausstattung die sowohl in Umfangs- als auch in Breitenrichtung hochauflösende Vermessung von Turbinenlagern in Originalgröße. Eine ausführliche Beschreibung ist hier zu finden.

Neben eigenen Forschungsarbeiten wird der Gleitlagerprüfstand erfolgreich für die Auftragsforschung unserer Industriepartner eingesetzt. Zusätzlich zur vorhandenen Messausstattung erfolgt dabei nach Bedarf und Möglichkeit eine Erweiterung um projektspezifische Messtechnik.





Projekte

In aktuellen Forschungs- und Industrieprojekten werden Untersuchungen der statischen und dynamischen Eigenschaften verschiedener Lagertypen und Bauarten durchgeführt. Dabei werden geometrische Variationen der Lager ebenso betrachtet wie die Zuführbedingungen und die Art des Schmierstoffes.

Im Bereich der theoretischen Grundlagenforschung liegt der Fokus auf dem Einfluss der thermoelastischen Verformung auf die Tragfähigkeit sowie die statischen und dynamischen Eigenschaften großer Radialkippsegmentlager. Darüber hinaus ist für kleinere Mehrflächenlager ein konstruktiver Ansatz zur Kompensation der Tragfähigkeitsverluste durch Wellenschiefstellungen und Lagerverformungen entwickelt worden. Der Funktionsumfang der am Lehrstuhl entwickelten Simulationsschnittstelle wird dabei kontinuierlich um die Modellierung neuer Lagertechnologien und -spezifikationen erweitert.

Aktuell laufende Projekte:

  • Verbesserung der Effizienz schnell laufender Gleitlager durch gezielte Nutzung teilgefüllter Spalt- und Taschenbereiche am Beispiel von Radialgleitlagern (IGF-Projekt mit dem Institut für Tribologie und Energiewandlungsmaschinen, TU Clausthal)
  • Seit 1990 Industrieprojekte zur Untersuchung der dynamischen Eigenschaften verschiedener Lagertypen und Bauarten

Zuletzt abgeschlossene Projekte:

  • Entwicklung hydrodynamischer Gleitlager mit Polymerbeschichtung zur Verbesserung der Betriebseigenschaften (ZIM-Projekt mit Gleitlagertechnik Weißbacher)
  • 3D-Laufflächenprofilierung von Festsegmentlagern zur Erhöhung der Betriebssicherheit (ZIM-Projekt mit Edelmann Gleitlagertechnik)
  • Verbesserte Effizienz großer, schnelllaufender Kippsegmentgleitlager für verlustleistungskritische Anwendungen (ZIM-Projekt mit Gleitlagertechnik Weißbacher)
  • FLEXTURBINE - Flexible Fossil Power Plants for the Future Energy Market through new and advanced Turbine Technologies (EU-Projekt)
  • Gesteigerte Tragfähigkeit für Kippsegmentlager in großen Turbomaschinen (ZIM-Projekt mit Gleitlagertechnik Weißbacher))

Das Team

  Michael Stottrop
  IC 1 / 173
  0234/32-26317

  Alexander Engels
  IC 1 / 51
  0234/32-26688

Projektpartner